Chronische Schmerzen

Bei Kindern, die dauerhaft Schmerzen (mehr als 3 Monate) am Bewegungsapparat haben, in ihrem Alltag eingeschränkt oder belastet sind und deren Schmerzen kaum oder gar nicht zu beeinflussen sind, laden wir erst einmal zu einem Erstgespräch ein. Hierzu bitten wir die Eltern, alle Unterlagen und Untersuchungsbefunde, die im Vorfeld durchgeführt wurden, mitzubringen.

Nachdem wir die vorliegenden Unterlagen durchgeschaut haben, sprechen wir ausführlich mit den Betroffenen und ihren Eltern, um herauszufinden, seit wann die Schmerzen bestehen, wie sie im Alltag einschränken und welche Untersuchungen/Therapien noch nicht durchgeführt worden sind.

Zusätzlich geben wir den Patient*innen und ihren Eltern einen Schmerzfragebogen zum Ausfüllen mit, der möglichst ausführlich beantwortet werden sollte.

Zeigt sich für uns, dass ambulant alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, besprechen wir mit den Familien ausführlich die Diagnose chronische Schmerzen und Schmerzverarbeitungsstörung. Zu diesem Gespräch bitten wir unsere medizinischen Fachkräfte der Kinder/Jugendpsychologie sowie der Schmerztherapie dazu. In dem Gespräch versuchen wir zu ermitteln, ob wir eine stationäre Aufnahme bei uns zur interdisziplinären Schmerztherapie als sinnvoll erachten oder ob eine Überweisung in eine Schmerzklinik für Kinder und Jugendliche zu erwägen ist.

1.

Weitere Informationen zum Thema Chonischen Schmerzen

Hat Ihr Kind dauerhafte Schmerzen am Bewegungsapparat, die schon länger als drei Monate bestehen? Ist Ihr Kind dadurch belastet und oder in seinem Alltag erheblich eingeschränkt? Sind die Schmerzen durch Medikamente kaum bis nicht zu beeinflussen? Dann könnte Ihr Kind an einer sogenannten chronischen Schmerzerkrankung leiden.

Chronische Schmerzen am Bewegungsapparat

Als chronische Schmerzen bezeichnet man Schmerzen, die länger als drei Monate anhalten bzw. immer wiederkehren. Betroffen sein können am Bewegungsapparat alle großen und kleinen Gelenke sowie die Muskulatur, insbesondere im Bereich von Rücken, Armen und Beinen. Oftmals finden sich in zahlreichen Arztbesuchen, Untersuchungen und Behandlungen dafür keine fassbaren körperlichen Ursachen (mehr). Häufig liegt dann eine sogenannte chronische Schmerzerkrankung vor. Der Schmerz hat seine ursprüngliche Form als Warn- und Alarmsignal verloren. Er hat sich quasi verselbständigt und ist zu einer eigenständigen Erkrankung geworden, es liegt eine Störung im Schmerzverarbeitungssystem vor. Die Schmerzhemmung in Gehirn und Rückenmark ist vermindert. 
Mittlerweile ist schätzungsweise jedes vierte Kind in Deutschland von chronischen Schmerzen betroffen. Jedes zwanzigste leidet extrem stark unter den immer wiederkehrenden Schmerzen. Mädchen sind dabei häufiger betroffen als Jungen.

Entstehung

Auch wenn der ursprüngliche Auslöser in Form einer Entzündung, Verletzung oder Ähnlichem nicht (mehr) bzw. nicht ausreichend vorhanden ist und bei Untersuchungen in dem schmerzhaften Bereich alles in Ordnung ist, bestehen Schmerzen. Sie sind nicht eingebildet. Chronische Schmerzen sind ein komplexes Geschehen, sie entstehen in der Regel nicht durch eine einzige Ursache, sondern durch ein ungünstiges Zusammenspiel vielfältiger Faktoren. Biologisch-körperliche, psychische/seelische und soziale Aspekte spielen dabei eine Rolle und greifen ineinander. Belastende Lebensereignisse oder Lebensbedingungen können die Entstehung einer chronischen Schmerzerkrankung ebenfalls begünstigen.

Folgen / Prognose

Chronische Schmerzen gehen für gewöhnlich mit einer deutlichen Alltagsbeeinträchtigung wie der Aufgabe von sportlicher Aktivität und Hobbys, Schulfehlzeiten, Rückzug und dem Verlust von sozialen Kontakten einher. Oftmals bringen sie auch emotionale Probleme wie Stress, Ängste, Erschöpfung, Reizbarkeit oder Stimmungsveränderungen mit sich. Im Verlauf besteht die Gefahr, dass es zu Schon- und Fehlhaltungen kommt, welche wiederum Schmerzen hervorrufen. Chronische Schmerzen des Bewegungsapparats können viele Folgeprobleme auslösen: verminderte Belastbarkeit und Muskelabbau durch Bewegungsvermeidung, Überlastung anderer Strukturen, vermehrte An- und Verspannungen, noch mehr Stress, Schlafstörungen, schlechte Stimmung, Sorgen, etc.. Mit der Zeit reagiert der Körper immer empfindlicher auf Reize und entwickelt eine hohe Sensibilität bezogen auf Schmerzen.

Insgesamt ist die Prognose bei Kindern und Jugendlichen jedoch gut, dass sich eine solche Funktionsstörung im Schmerzsystem durch eigenes Zutun wieder beheben lässt.

Anmeldung/Ablauf bis zur stationären Aufnahme für eine Multimodale Schmerztherapiewoche für Kinder und Jugendliche:

Wenn bei Ihnen Interesse oder der Bedarf besteht, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf. Nach Vorstellung in unserer Sprechstunde oder nach einem ersten Telefonkontakt mit unserer Ambulanz bekommen Sie von uns vorab Fragebögen in einer Eltern- und einer Kinderfassung zugesendet. Bitte füllen Sie diese getrennt möglichst vollständig aus und senden Sie sie zusammen mit Kopien von allen vorhandenen schmerzrelevanten Untersuchungsbefunden (Befundberichte, Bildgebung und Stellungnahmen der bisherigen ärztlichen Versorgung) an uns zurück.

Nachdem wir Ihre Unterlagen durchgesehen haben erhalten Sie von uns telefonisch Rückmeldung, ob eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie bei uns erfolgversprechend ist, oder ob noch andere Behandlungswege oder diagnostische Untersuchungen zu empfehlen sind. Sodann vereinbaren wir mit Ihnen einen Termin für ein ausführliches, etwa einstündiges Vorgespräch. Unsere Schmerztherapeutin und eine Psychologin suchen dabei mit Ihnen gemeinsam nach Lösungen und besprechen mit Ihnen den weiteren Ablauf.

Unser multimodales Schmerztherapieprogramm/Behandlungskonzept

In unserer Klinik bieten wir monatlich eine spezielle stationäre Behandlungswoche für Kinder und Jugendliche mit langanhaltenden Schmerzen am Bewegungsapparat an. Wir gehen dabei nach einem individuell abgestimmten Behandlungsplan vor, bei dem verschiedene Berufsgruppen therapeutisch zusammenarbeiten. Durch unsere multiprofessionelle Ausrichtung versuchen wir, die Schmerz-Situation Ihres Kindes von allen Seiten gleichermaßen zu beleuchten und zu behandeln. Leider lässt sich eine Schmerzerkrankung nicht durch ein Medikament oder eine einzelne Therapie beheben. Vielversprechend ist dagegen ein sogenanntes multimodales Vorgehen, das die verschiedenen Faktoren, die bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen eine Rolle spielen können, berücksichtigt. Nur im Zusammenspiel und unter Abstimmung mehrerer Therapien aus verschiedenen Bereichen ist es möglich, die Funktionsstörung im Schmerzsystem wieder zu beheben. Erfahrungsgemäß benötigt dies etwas Zeit. Ob, wie schnell, wie gut und anhaltend das gelingt, hängt von vielen verschiedenen individuellen Faktoren ab, z.B. Dauer und Ausmaß der Beschwerden, weitere körperliche oder psychische Erkrankungen, Persönlichkeit, äußere Umstände und Therapiemotivation.

Ziele des multimodalen Behandlungskonzeptes

Unser multimodales Behandlungskonzept zielt auf ein Nachlassen der Schmerzsymptome ab - seltener, leichter, kürzer – kein schnelles „Wegzaubern“. Durch das Erlernen eines verbesserten Umgangs können die Schmerzen dann auch langfristig verschwinden. Der Fokus unseres einwöchigen Programms liegt damit auf der Erarbeitung von aktivierenden und eigenständigen Strategien im Umgang mit den Schmerzen und eine Rückkehr in einen altersgerechten Alltag. Wir wollen bei Ihrem Kind die Zuversicht stärken, mit seinen Schmerzen umgehen zu können bzw. die Schmerzen im Griff zu haben. Die verschiedenen Bausteine sind u.a. darauf ausgerichtet, Strategien zur Bewältigung der Schmerzen zu erarbeiten und die Körperwahrnehmung zu verbessern. Gemeinsam gilt es, die Bereiche zu entdecken, in denen die Kinder und Jugendlichen Lebensfreude, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl erfahren.

Bausteine/Inhalte

Im Rahmen unseres einwöchigen Schmerztherapieprogramms erlernt und übt Ihr Kind bei uns, wie es durch spezielle Techniken die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und den Schmerz verringern kann. Dazu gehören aufmerksamkeitsbasierte Methoden, Ablenkungstechniken, imaginative Verfahren, Umformulieren negativer Gedanken, Entspannungsverfahren, Erarbeiten von freudigen Tätigkeiten, Planung von sozialen und sportlichen Aktivitäten sowie Musiktherapie. Mittels intensiver Physiotherapie versuchen wir das allgemeine Aktivitätsniveau zu steigern und zugleich Bewegungseinschränkungen zu verbessern. Die Behandlung umfasst auch psychologische und ärztliche Gespräche bei denen Themen wie Motivation, Lebensfreude oder Entspannung sowie die Bewältigung eines altersgerechten Alltags im Mittelpunkt stehen. In einem psychologischen Familiengespräch wird der Frage nachgegangen, welche Rolle der chronische Schmerz des Kindes im familiären System spielt und wie dies zu beeinflussen ist. (Unser Vorgehen ist eng angelehnt an jenes des Deutschen Kinderschmerzzentrums in Datteln, das unter Experten als eines der erfolgreichsten Zentren dieser Art in Europa gilt.)

Interdisziplinäres Behandlungsteam

Unser schmerztherapeutisches Team umfasst verschiedene Fachrichtungen aus Anästhesie (mit Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie), Kinderorthopädie, Physiotherapie, Psychotherapie, Musiktherapie sowie spezialisierte Pflegekräfte (Pain Nurses).