Angeborene und erworbene Fehlstellungen

Achsfehlstellung des Beins (X-Bein oder O-Bein)

Eine Fehlstellung der Beinachse fällt dem Umfeld des Kindes häufig optisch auf. Wachstumsbedingt zeigt sich in den ersten 2-3 Lebensjahren zunächst meist ein mildes O-Bein. Dies ist physiologisch und hat keinen Krankheitswert. Im Verlauf entwickelt sich dann ein X-Bein. Im Alter von ca. 12 Jahren sollte die Beinachse gerade sein. Tritt dies nicht ein oder zeigt sich nach einem Unfall eine Fehlstellung der Beinachse, so kann dies unbehandelt über Jahrzehnte zu einem einseitigen Verschleiß des Kniegelenkes (Arthrose) führen.

Diagnostik und Therapie:

Wenn uns Patienten mit einer Beinachsenfehlstellung vorgestellt werden, führen wir zur genauen Diagnostik zunächst eine klinische Begutachtung durch. Bei einem auffälligen Befund fertigen wir ein Röntgenbild an (Ganzbeinstehaufnahme um das 12. Lebensjahr) zur radiologischen Beurteilung des Fehlstellungsausmaßes. Zeigt sich hier eine relevante Achsabweichung, führen wir zusätzlich eine Röntgenaufnahme der Hand durch, um das noch verbleibende Wachstum zu berechnen und die Therapie zu planen. Bei noch ausreichendem Restwachstum, können wir eine wachstumslenkende Operation durchführen. Weitere Inforationen finden Sie in unserem Flyer: hier klicken

Mit dieser Methode haben wir bereits tolle Ergebnisse erzielt. Bei bereits verschlossenen Wachstumsfugen können wir auf eine Behandlung mittels Osteotomie (Durchtrennung des Knochens) zur Begradigung der Beinachse zurückgreifen, die jedoch deutlich langwieriger ist.

 

Beinverkürzung

Eine Beinverkürzung kann nach Frakturen oder im Wachstum entstehen, wenn z.B. nicht beide Beine gleich schnell wachsen. Bei starken Beinlängenunterschieden zeigt sich gegebenenfalls ein hinkendes Gangbild. Dies kann im Verlauf zu Schmerzen und ebenfalls zu ungleichmäßiger Gelenkbelastung kommen und damit auf Dauer sogar eine frühzeitige Gelenkknorpelabnutzung verursachen.

Diagnostik und Therapie:

Wenn sich bei der Untersuchung in unserer Ambulanz ein relevanter Beinlängenunterschied zeigt, erläutern wir Ihnen die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, die in Frage kommen. Bei geringeren Differenzen zwischen 2 und 3 cm können wir uns das Wachstum zu Nutze machen, indem wir die Wachstumsgeschwindigkeit auf der längeren Seite etwas bremsen, unter der Voraussetzung, dass noch genug Restwachstum vorhanden ist. Bei kleineren Differenzen (< 2 cm ) gleichen wir diese mittels Schuherhöhung aus. Bei größeren Differenzen empfehlen wir die Verlängerung der verkürzten Seite, um die Proportionen zu wahren.

Hierfür bringen wir einen Magnetnagel in den Knochen ein oder verlängern den Knochen über einen Fixateur extern, je nach Befund. Der Fixateur extern ist ein Haltesystem, dass durch die Haut befestigt wird und uns von extern die Verlängerung des Knochens ermöglicht. Im Vergleich hierzu liegt der Marknagel komplett im Knochen und erlaubt uns über einen von außen aufgelegten Magneten die Verlängerung durchzuführen. Diese Methode ist die schonendere im Vergleich zum Fixateur, ist jedoch nicht in allen Fällen einsetzbar. Der Verlängerungsvorgang dauert zumeist mehrere Wochen, ist aber nach einer Anfangszeit im Krankenhaus auch zuhause durch die Patient*innen eigenständig durchführbar. Ein Ausgleich der Beinlänge ist in nahezu allen Fällen zu erreichen.

Psychologische Betreuung:

Sollte die Erkrankung und/oder die Behandlung als psychisch sehr belastend empfunden werden, kommen Sie bitte gerne auf uns zu. Es besteht über uns die Möglichkeit, eine unterstützend- psychologische Anbindung zu initiieren. Dies kann initial im Krankenhaus durch unsere Kinder- und Jugendpsychologinnen betreut werden. Ambulant arbeiten wir mit dem AVM-Institut Nürnberg sowie dem IVS-Institut Fürth zusammen. Diese Adressen geben wir Ihnen zur Kontaktaufnahme gerne mit.

 

Reduktionsdefekte (z.B. Tibiapseudarthrose, Fibulaaplasie, Femurdefekte)

Es gibt mehrere angeborene Fehlstellungen, die im Verlauf des Wachstums zu massiven Verkürzungen der betroffenen Seite führen. Die Ausprägung ist sehr variabel. Bei milden Formen ist lediglich eine geringe Beinverkürzung zu sehen. Bei den schwereren Formen kann z.B. das Wadenbein oder der Oberschenkelknochen stark unterentwickelt sein oder sogar komplett fehlen und es kann somit zu Beinverkürzungen von mehreren Zentimetern kommen.

Im Falle des Schienbeins zeigt sich meist ebenfalls eine Verkürzung mit unterschiedlich ausgeprägter Verbiegung des Knochens. Häufig tritt zusätzlich eine Fußfehlstellung mit auf.  Die Behandlung der ausgeprägten Formen ist sehr komplex und erfordert zumeist mehrere Eingriffe, um die Fehlstellungen bzw. die Beinlängenverkürzung zu korrigieren, mit dem Ziel, die Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit des Beines wiederzuerlangen.

Diagnostik und Therapie:

Viele Reduktionsdefekte zeigen sich bereits im pränatalen Ultraschall. Spätesten nach der Geburt zeigen sich die Fehlbildungen, sodass die Kinderarztpraxen uns hinzuziehen. Neben einer ausführlichen körperlichen Untersuchung wird, je nach Defekt, das Anfertigen von Röntgenbildern ebenso wie im Verlauf die Durchführung eines MRT erfolgen, um eine genaue Beurteilung der knöchernen Verhältnisse sowie der Weichteilverhältnisse abgeben zu können.

Zeigt sich eine Tibiapseudarthrose, kann je nach Befund im Säuglingsalter eine Gipsredressionstherapie  versucht werden. Hier wird versucht, durch regelmäßig neu angelegte Gipse eine verbesserte Stellung der Unterschenkel zu erreichen. Ab dem Laufalter erfolgt der Beinlängenausgleich. Im Verlauf schließt sich in vielen Fällen eine operative Versorgung an. Die Behandlung erfolgt bis zum Wachstumsabschluß.

Bei der Fibulaaplasie zeigt sich neben der Veränderung im Unterschenkel auch häufig ein verschmälerter Fuß, der auf ein nur unzureichend angelegtes Fußskelett zurückzuführen ist. Die Therapie ist abhängig vom Alter und Ausmaß der Fehlstellung. Ein operatives Vorgehen ist indiziert , um die Funktion der Gliedmaße zu erhalten. Anschließend muss der Patient eine Orthese trage. Im Verlauf erfolgt dann die Verlängerung des Unterschenkels, gegebenenfalls in Etappen.

Bei proximalem Femurdefekt erfolgt ebenfalls durch Bildgebung eine Einteilung der Ausprägung der Fehlstellung (nach Pappas). Zunächst wird mit Laufbeginn eine Orthese zum Ausgleich der Beinlänge mit Korrektur der Fehlstellung erforderlich. Im Verlauf erfolgt dann die operative Verlängerung der Extremität, gegebenenfalls in Etappen. Bei schweren Formen kommen zusätzlich korrigierende Operationen hinzu.

Wir empfehlen fortlaufende Physiotherapie zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Beine sowie zur Aufdehnung der verkürzten Strukturen.

Psychologische Betreuung:

Zeigt sich durch die Erkrankung und/oder die Behandlung eine starke psychische Belastung, besteht über uns die Möglichkeit, eine unterstützend- psychologische Anbindung zu initiieren. Stationär können wir unsere Kinder- und Jugendpsycholog*innen hinzuziehen. Ambulant helfen wir, eine Anbindung z.B. an das AVM-Institut Nürnberg oder das IVS-Institut Fürth zu vermitteln.